„Solange ich mich erinnern kann, wollte ich Jazz spielen. Und Brasilianisches,” sagt der Münchner Jazzpianist Tizian Jost. Entsprechend früh begann er: Mit 16 gründete er das erste ernst zu nehmende Sextett, mit 19 wurde er Hauspianist im legendären „Allotria“, mit 20 jüngstes Bandmitglied der Harald Rüschenbaum Bigband. Schon als Teenager spielte er so mit Stars wie Mark Murphy, Dusko Goykovich, Tony Lakatos oder Bobby Shew.
Erste internationale Erfolge errang er zusammen mit dem Saxophonisten und Maler Günther Klatt. Ein noch heute gerühmtes Duke-Ellington-Balladenprogramm führte die beiden auf Tourneen durch ganz Europa und – im Auftrag des Goethe-Instituts – durch Süd- und Mittelamerika sowie den indischen Subkontinent. Zahllose Bands vom „Wine & Roses Swing Orchestra“ bis zu Till Brönner nutzten und nutzen seither Josts wundervollen Ton, seinen rhythmischen wie harmonischen Einfallsreichtum und seine geradezu enzyklopädische Stilvielfalt.
Aktuell ist Jost eine feste Größe im Stephan Holstein Trio, das zuletzt mit der Jazz-Bearbeitung klassischer Literatur Aufsehen erregte, und beim preisgekrönten Till Martin Quartett, mit dem er bisher drei CDs einspielte. Im eigenen Trio mit dem Bassisten Thomas Stabenow und Schlagzeuger Bastian Jütte verzaubert er derzeit mit einem Antonio Carlos Jobim-Projekt.
Parallel zum reinen Jazz pflegt Jost seine zweite Liebe, die brasilianische Musik. 1990 gündete er mit der Sängerin Lygia Campos die Band „Domundo“, die bis 2002 international Erfolge feierte. Zeitweise in Rio lebend hat Jost auch mit vielen brasilianischen Stars gespielt, zuletzt mit Leny Andrade und Viviane de Farias. Für den richtigen Latin-Ton an den Tasten sorgt er von Anfang an auch bei Sophie Wegeners Quintett „Zona Sul“, das mit den Alben „Beira“ und „Pure Love“ in Deutschland Maßstäbe gesetzt hat.
Als Glücksfall erwies sich, dass das Münchner Richard-Strauss-Konservatorium 1995 für seinen jungen Jazz-Zweig den 28-jährigen Tizian Jost als Dozenten berief. Etliche seiner Schüler sind heute wichtige Persönlichkeiten der deutschen Jazz-Szene, darunter Antje Uhle, Andrea Hermenau, Marc Schmolling, Jo Junghans, Christian Gall, Benedict Jahnel, Jan Faßbender, Helmut Sinz oder Tim Allhoff.